Donnerstag, 11. August 2011

Der Beinfall von Guam - Teil 3

Es ist immer noch Donnerstagabend, 7. Juli 2011 und ich bin soeben den Klauen des amerikanischen Imperiums entkommen. Noch immer werden die Eingangspforten zum Gelobten Land von heiratswütigen Japanern belagert. (Weshalb es besonders sinnlich sein soll auf dem grössten nuklearen Waffendepot der Welt zu heiraten, dürfte ein fernöstliches Mysterium bleiben. Dass Guam nur wenige Kilometer von Tinian entfernt liegt, wo vor 66 Jahren die amerikanischen Flugzeuge mit den Atombomben für Hiroshima und Nagasaki gestartet sind, macht die Geschichte auch nicht wohliger.)

Angesichts der Warteschlangen lass ich mich von Herrn Gantenbein erweichen, das Angebot der
Flughafenmission („Praise the Lord!“) anzunehmen und setze mich auf den dargebotenen Rollstuhl. Dank dieser göttlichen Fügung dürfen wir den Diplomatenschalter benutzen, reisen mal kurz in die USA ein um gleich wieder auszureisen (Guam verfügt zwar über einen Transitbereich. Seit der amerikanische Geheimdienst jedoch hinter jedem Barthaar einen wild gewordenen Iman vermutet, ist hier alles ein wenig kompliziert geworden.)

Nach der letzten Sicherheitskontrolle entledige ich mich des himmlischen Gefährts und wandle fortan wieder auf eigenen Füssen. Obwohl sich Gantenbein fürchterlich aufregt und mir seinen Gemütszustand durch wilde Zuckungen auch deutlich zeigt: diesmal gibt’s kein Erbarmen. Jetzt heisst es, auf keinen Fall auffallen, schon gar nicht in der Nähe eines Continental Schalters.

Zusammen mit Gantenbein, mehreren Tuben, Töpfen und Tabletten ziehe ich mich auf die nächste Toilette zurück. „Mein lieber Jolly!“ entfährt es mir, als ich mir Gantenbein genauer betrachte. Da dieser Text möglicherweise auch in die Hände von Minderjährigen, Vampiren und Menschen mit empfindlichen Mägen gelangen könnte, verzichte ich auf reisserische Details. Sagen wir es so: Herr Gantenbein hat weiter an Gewicht und Umfang zugelegt und schillert jetzt in allen verfügbaren Rottönen. Weiterreichende Informationen zum Thema „Rot“ finden sie bei Wikipedia.

Nun gilt es, das Bein allenthalben zu salben und auf den Flug nach Manila vorzubereiten. Gantenbein mag das Gesalbe ganz offensichtlich und schnurrt leise vor sich hin. Bevor irgend ein bigotter Hilfssheriff auf falsche Gedanken kommen kann, dröhne ich mich mit Antibiotika, Entzündungshemmern, Schmerzmitteln und Tabletten gegen allfällige Thrombose zu, packe anschliessend die Apotheke wieder zusammen und schlendere betont locker Richtung Gate 17.

„Die werden Sie kaum mitnehmen!“ Diese Drohung liegt mir schwer im Magen als ich mich dem Warteraum nähere. Was sollte ich denn tun hier in Guam, am sprichwörtlichen Arsch der Welt? Etwa eine Weinbar eröffnen? Da würden sich ja sogar mikronesische Hühner totlachen! Nein – ich muss hier weg – koste es was es wolle!

Ich versuche, mein Äusseres so gut wie möglich zu verändern. „Staatsbürgerschaft: Schwedisch“, hatte der Cowboy protokolliert! Denen werde ich wohl am besten den Italiener geben. Ich setze mir die grauenhafte Riesensonnebrille auf, öffne mein Hemd bis fast zur Taille und borge mir von Franco ein güldenes Kruzifix das ich an meinem Brillenband befestige und über meine Heldenbrust baumeln lasse. Sorry Franco – aber dieser Griff in die Trickkiste musste einfach sein!
Als der Junge vor mir seine Baseballmütze fallen lässt, schnappe ich sie mir, setze sie auf und gehe schnurstracks Richtung Ausgang, Richtung Freiheit. Dabei halte ich das Handy ans Ohr und rufe immer wieder mal „Mamma! Si! No! Mamma! Ciao! Si! Mamma….“.
Während ich meine Bordkarte abgebe, wende ich mich leicht ab und rufe noch mal laut und deutlich „Mamma!“. Der Bordkartenverwalter von Continental äussert sich abfällig über irgendwelche Spaghetti und wünscht mir einen guten Flug!

Ich habs geschafft! „Gantenbein, wir haben es geschafft! In ein paar Stunden sind wir in Manila, da gibt’s wunderbare Spitäler, nette Ärzte und…..“
„……..und vor allem keine Amerikaner!“, brüllt Gantenbein lautstark aus der unteren Etage. Ich versuche ihm den vorlauten Mund zu stopfen und ersticke ihn mit einem Kopfkissen.

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